Lebenskrisen können jeden treffen Beratungsstelle für seelische Gesundheit des BRK bietet niedrigschwellige Unterstützung
Fast niemand ist davor gefeit, einmal in eine schwierige, vielleicht ausweglos erscheinende Lebenssituation zu kommen, die das innere Gleichgewicht ins Wanken bringt. „Jeder Zweite in Deutschland kommt mindestens einmal im Leben in eine seelische Krise“, sagt Luisa Aguiar, Psychologin und Leiterin der Beratungsstelle für Seelische Gesundheit beim Sozialpsychiatrischen Dienst (SPDi) des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), Kreisverband Straubing-Bogen, „und ein Drittel entwickelt eine psychische Erkrankung.“ Oft ist dann guter Rat teuer, denn Therapieplätze sind knapp, die Wartezeiten lang. In vielen Fällen kann der SPDi mit seiner Beratungsstelle für seelische Gesundheit niedrigschwellig und kostenlos Unterstützung anbieten – vorübergehend oder auch über einen längeren Zeitraum. Wie wichtig das Angebot des BRK ist, zeigt die Bilanz des letzten Jahres: „Die Nachfrage ist stark gestiegen“, sagt Aguiar, „wir hatten rund 50 Beratungen mehr als 2021.“ Die meisten Klienten seien in der Altersgruppe von 50 bis 59 Jahren zu verzeichnen (115), auffällig sei jedoch der Zuwachs bei den Jüngeren zwischen 18 und 29 Jahren (93). „Das ist noch eine Nachwirkung von Corona “, sagt die Psychologin. Auch Familien seien nach wie vor mehr belastet. Insgesamt 360 Frauen und 183 Männer suchten im vergangenen Jahr die Beratungsstelle des SPDi auf, insgesamt also 543 Personen, von denen 72 Kinder unter 18 Jahren hatten. Sämtliche Anliegen: Von Angst bis Zwang Aktuell werden Menschen zwischen 18 und 93 Jahren betreut mit Anliegen von A bis Z – „von Angst bis Zwang“, sagt Aguiar. Der häufigste Grund, weshalb der SPDi aufgesucht werde, seien jedoch nach wie vor Depressionen und andere affektive Störungen. Wichtig sei jedoch: „Wir sind Anlaufstelle für Lebenskrisen aller Art, auch ohne die Diagnose einer seelischen Krankheit“, sagt die Sozialpädagogin Anna Löffler. Ein Team von zehn Mitarbeiterinnen, neben der Psychologin sieben Sozialpädagoginnen und zwei Verwaltungskräfte, betreuen die Klienten. Seit April dieses Jahres ist auch die Außenstelle in Mallersdorf wieder besetzt, die einmal im Monat Beratungen anbietet. Dreh- und Angelpunkt ist die Beratung, die aber oft in die Vermittlung weiterer Angebote mündet (siehe nebenstehenden Artikel). Schwerpunkt ist das Gespräch in den Räumen des BRK, wenn aber Menschen in Krisen etwa in Folge einer schweren Depression oder Angststörung das Haus nicht verlassen können, werden sie dort aufgesucht, ebenso bei einem Klinikaufenthalt um etwa die Zeit nach der Entlassung vorzubereiten. „Wir arbeiten klientenzentriert“, so Luisa Aguiar. Ein besonderer Schwerpunkt ist der gerontopsychiatrische Dienst für Menschen ab 60 und deren Angehörige. Der Übergang in den Ruhestand, die abnehmende Belastbarkeit und drohende Einsamkeit seien Themen, die eine besondere Zuwendung brauchten, sagt Anna Löffler, die neu im Team des gerontopsychiatrischen Dienstes ist. „Es geht vor allem darum, wieder Zuversicht zu schaffen und die Ressourcen zu stärken“, so die Sozialpädagogin. Zentrales Thema der Arbeit sei immer wieder, die Akzeptanz von psychischen Erkrankungen in der Gesellschaft zu erhöhen. „Nach wie vor ist die Stigmatisierung ein sehr großes Thema“, sagt Aguiar, obwohl mittlerweile vor allem über Depressionen in den Medien mehr berichtet werde. Dennoch bestehe bei vielen Menschen bei einer seelischen Krise oder Erkrankung eine große Hemmschwelle, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dabei sei dies als Prävention für einen schweren Verlauf sehr wichtig. „Je früher, desto besser.“ -ber-
Angebote:
Hilfe zur Selbsthilfe
Der Sozialpsychiatrische Dienst (SPDi) beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) an der Siemensstraße 11a versteht sich als niedrigschwellige Anlaufstelle für Menschen mit seelischer Erkrankung oder in Lebenskrisen aller Art. Die Hilfsangebote gliedern sich in drei Säulen. Erste Kontaktstelle ist die Beratung (nicht Therapie), die für alle Menschen ab 18 Jahren offen ist. Ausschlusskriterien sind lediglich Suchterkrankungen, sofern diese im Mittelpunkt der Krise stehen oder Demenz. Außer dem persönlichen Gespräch unter Wahrung der Schweigepflicht wird bei Bedarf weitervermittelt – an Therapeuten oder weitere Angebote des SPDi wie Bewegungsgruppen, Freizeitangebote, der gemeinsame Besuch von Kulturangeboten mit fachlicher Begleitung oder Gesprächsgruppen etwa zum Thema „seelisches Gleichgewicht.“ Zweite Säule ist die Tagesstätte für Menschen mit seelischen Erkrankungen oder Behinderungen. Sie ist eine besonders niedrigschwellige Anlaufstelle mit gemeinsamen Aktivitäten, die der Vereinsamung entgegenwirken und die Tagesstruktur stärken soll. Noch intensiver ist die Unterstützung beim dritten Standbein, den therapeutischen Wohngemeinschaften oder dem betreuten Einzelwohnen. Ziel aller Angebote ist die Hilfe zur Selbsthilfe. -ber-
Info Der Sozialpsychiatrische Dienst mit der Beratungsstelle für seelische Gesundheit und allen weiteren Angeboten hat seinen Sitz an der Siemensstraße 11a, Tel. 09421/9952-3000, E-Mail spdi-beratungsstelle@kvstraubing.brk.de. Auch die Außensprechstelle in Mallersdorf, Krankenhausstraße 5, ist auf diesem Wege erreichbar. Infos unter www.kvstraubing.brk.de.